Freitag, 3. Juni 2011

Sprayer

Ich danke allen Sprayern hiermit sehr herzlich. Ihr - darf ich Euch duzen, ich fühle mich mit Euch so verbunden? - bereichert mein Leben. Ihr inspiriert mich. Ihr seid allgegenwärtig, na ja nicht so richtig. Ich habe Euch ja noch nicht getroffen. Unser Lebensmodell ist vielleicht doch zu unterschiedlich. Aber allgegenwärtig trotzdem. Wenn ich morgens um sechs aus dem Haus gehe, seid Ihr ja schon fertig mit der Schicht. Ich sehe immerhin noch: Ihr wart da. Gleich um die Ecke, an einem kleinen Haus in unserer Straße. Dann später an der Autobahnbrücke wart Ihr auch schon. Die Lärmschutzwand, gäbe es Sie ohne Euch überhaupt, also sicher natürlich. Aber ich würde sie auf meiner täglichen Autofahrt zur ninetofive Arbeitsstätte nicht bemerken. So habe ich sogar auf der Fahrt noch ein Stück Freiheit. Genieße Eure Unabhängigkeit, Euer Lebensglück pulsiert durch meine Adern. Kein simpler Waschbeton ergraut vor sich hin, ohne dass Ihr ihm Eurer Leben einhaucht. Den Duft der Sprühdose. Wenn ich dann mal weiter weg fahre, begleitet Ihr mich. In den Urlaub. Nach Paris, Venedig. Dort ist es auch für Euch schön. Auch dort gibt es Hauseigentümer, die sich etwas bei Ihrer Fassadengestaltung denken, die historische Vorbilder bemühen eventuell sogar. Damit es schön aussieht. In deren Augen schön. Ihr wisst es besser. Ein schwungvoller schwarzer dicker Strich kann auch schön sein, vor allem auf blassem gelb. Dem einer venezianischen historischen Fassade, ein paar hundert spießige Jahre alt. Oder auf einem Jugenstilgebäude. 100 Jahr Spießertum sind doch auch langsam mal genug für diese Fassade. Sie lädt Euch ein: Kommt Handwerker,Künstler,Lebenskünstler,Könner: Ich bin Euer! Macht was aus mir.
Schade wie gesagt, dass ich Euch mutigen Draufgänger nie treffe. Vielleicht ja mal an der Baumarktkasse, wenn Ihr Euer Material einkauft. Oder sind Bezahlen und Baumarkt zu spießig? Wer fährt Euch eigentlich mit welchem spießigen Auto immer zu diesen entlegenen Autobahnbrücken? Mutti?Bewährungshelfer?Agent? Das wüsste ich mal gerne. Ach so : Und wer bezahlt die Farben? Auch Mutti? Ich? Ich glaube ich.

1 Kommentar:

Horst Welke / pb press hat gesagt…

schmunzel...gut geschrieben ralf.
du möchtest diese typen mal treffen, na das wird schwierig, den die stehen erst auf wenn du ins bett gehst, es sind ja schliesslich nachtarbeiter.

weisst du das die farben gar nicht billig sind...die kosten ein heiden geld, aber die sprayer kommen in der regel aus familien die nicht auf den cent schauen müssen und in der tat...papa und / oder mama bezahlen das hobby ihres sohnens auch noch.
unter den sprayern sind nicht wenige arzt und anwalt söhnchen...glaube mir, ich weiss es...;-)